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Über die Vielfalt der Meinungen - freies Radio wird immer wichtiger

"Keine Atempause, Geschichte wird gemacht, es geht voran"...- dieses Lied von der Gruppe "Fehlfarben" drückt aus, was zu tun ist: wir dürfen nicht widerspruchslos zusehen, wie der Zeittakt der neuen Geschichte inklusive ihrer Dokumentation und Bewertung von multinationalen Konzernen vorgegeben wird!

Wessen Interessen dient dieser oder jener Krieg, diese Politik oder jene Nachricht? Information ist niemals neutral oder objektiv: sie wird formuliert, bearbeitet, bewertet, in Zusammenhang gestellt - oder aus einem solchen herausgerissen, ausgewählt oder ignoriert, zurechtgestutzt, kommentiert, spektakulär aufbereitet, bagatellisiert oder totgeschwiegen. Jeder hat seine Wahrheit, seine Sicht der Dinge aus seiner jeweiligen Perspektive; wessen Wahrheit sich jedoch in den Nachrichten widerspiegelt, ist mehr denn je eine Frage der Macht und des Kapitals. Darum finden wir unsere Interessen, die ja durchaus im Widerspruch zu Konzerninteressen stehen, nicht ausreichend und nur verzerrt in den Medien wieder. Trotz der Vielzahl von Zeitungen und Sendern läßt sich die Vielfalt an Meinungen vermissen. Unter neoliberalistischem Zeitgeist und atemberaubender Globalisierung eines menschenverachtenden Sozialdarwinismus - seit Wegfall der Blockkonfrontation nun auch in den nördlichen Industriestaaten - müssen sich Gesellschaftskritik, Protest und Arbeitskampf stärker denn je formieren, vernetzen und durch Etablieren eigener Medien ein Gegengewicht zum herrschenden "Einheitsbrei" schaffen.

Gerade im Medienbereich treiben Zusammenschlüsse das Monopolyspiel auf die Spitze und die Meinungsvielfalt in den Keller. Leo Kirch und Axel Springer lassen grüßen!

Die Genehmigung der Landeszenrale für private Rundfunkveranstalter Rheinland-Pfalz vom 7.06.99 bezüglich Sat 1: "aus konzentrationsrechtlicher Sicht unbedenklich" - so die Aufsichtsbehörde LPR - ist die "mittelbare bzw. unmittelbare Übernahme der Geschäftsanteile der AV Euromedia Gesellschaft für Audiovision mbH(AVE) und der FB- GmbH (Ravensburger Verlag) durch die PKS Programmgesellschaft für Kabel- und Satellitenrundfunk mbH (Unternehmen der Kirchgruppe) sowie die Übernahme der Geschäftsanteile der Neue Medien Ulm Televisionsgesellschaft mbH & C0. KG.i.L. durch den Axel Springer Verlag. Die PKS hält nunmehr die Mehrheit der Gesellschaftsanteile von Sat1.

"Wes Brot ich eß´, des Lied ich sing " - ist eine alte, aber zeitlose Wahrheit. Was nicht auf Linie ist, was dem Chefredakteur nicht "in den Kram paßt", wird weder gedruckt noch gesendet... und der / die eventuell auch noch "sture" freie MitarbeiterIn bald "freigesetzt" (- wie man heute den "Rausschmiß" elegant verharmlost!). Wer vom Journalismus leben will, setzt die Schere besser schon im Kopf an! Inhalte stehen in direkter Abhängigkeit zu den Geldgebern, ob aus Politik, Wirtschaft (=Werbung) oder beiden zusammen. Die vielgepriesene Meinungs- u. Pressefreiheit - eine Worthülse?

So manche/r engagierte PublizistikstudentIn will sich mit der strukturellen Brotlosigkeit eines authentischen Journalismus jedoch nicht abfinden, will sie in ihrer Konsequenz nicht verifizieren und träumt von werbefinanzierter Selbständigkeit.

Die gleiche Verdrängung von Realitätssinn befällt auch immer wieder neue "Radioaktive" aus freien Lokalradioprojekten, wenn es um die Finanzierung geht; unsere gesellschaftskritischen Inhalte orientieren sich nicht an vermuteten "Hörgewohnheiten" und dem "Massengeschmack", lassen keine extremen Einschaltquoten erwarten und sind als Transportmittel für Werbung unattraktiv! Aber nicht nur die Inhalte schrecken Werbekunden ab; ein rentabler Werbeeffekt ist nur in größeren Sendegebieten zu verzeichnen. Mit der strukturellen mangelnden Wirtschaftlichkeit eigenständigen Lokalrundfunks -ob mit oder ohne Werbekonzept- begründet die LPR Rheinland-Pfalz unter anderem, warum das Landesrundfunkgesetz ausschließlich landesweite Sendeketten vorsieht! Unter dem Aspekt einer beruflichen Existenzgründung, die auf Einnahmen angewiesen ist, würde das Argument durchaus zutreffen - nicht aber auf ein gemeinnütziges, ehrenamtlich betriebenes, nichtkommerzielles Lokalradio. Sofern nämlich keine Personalkosten anfallen, ist lokaler Hörfunk ein absolut billiges Medium.

Nachdem schon über ein Jahrzehnt lang die technische Infrastruktur privat-kommerzieller Sender in Millionenhöhe von der 2% igen Abgabe des öffentlich-rechtlichen Gebührenaufkommens subventioniert wird, diese längst Gewinne einfahren und den Öffentlich-rechtlichen bald den "Garaus" machen, wäre es an der Zeit, stattdessen die vergleichsweise geringfügigen Sendekosten lokaler, gemeinnütziger Bürgerradiovereine zu übernehmen und ihnen per Gesetz einen eigenen Status zuzuschreiben. Mit diesem Argument haben wir in Hessen Nichtkommerziellen lokalen Hörfunk ( NKL )- auch in puncto Förderung - durchgesetzt!

Wie eine Ware wird der Äther feilgeboten, unter den Mächtigen aufgeteilt und nach den Kriterien wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und des Produktionsstandortes (-zu erwartende Steuereinnahmen) verpachtet. Die Maßgaben des Rundfunkstaatsvertrages zur Erfüllung europäischer Normen bezüglich Konzentrationskontrolle und Meinungsvielfalt bleiben in Rheinland- Pfalz gegenüber handfesten wirtschaftlichen Interessen weitgehend unberücksichtigt. Dort wird in § 40 RStV neben der Förderung offener Kanäle auch die Förderung der "nichtkommerziellen Veranstaltung von lokalem und regionalem Rundfunk" ... "aufgrund besonderer Ermächtigung durch den Landesgesetzgeber" eingeräumt.

Als europäisches Schlußlicht bezüglich der Zulassung Freier Radios im Sinne freien Gesellschaftsfunks hat man sich nach deren jahrelanger gesetzlicher und bürokratischer Aussperrung vom Äther endlich in den meisten deutschen Bundesländern (leider noch nicht in Rheinland-Pfalz) "bekehren" lassen, Nichtkommerziellen lokalen Hörfunk zu ermöglichen.

Immerhin hatte der Europarat bereits 1991 in seiner Resolution 975 die Lokalradios als ideales Mittel zur Förderung der freien Meinungsäußerung und Informationsfreiheit und zur aktiven Teilnahme am lokalen Geschehen bezeichnet und die Mitgliedsstaaten aufgefordert, Lokalradios zu ermöglichen!

Frequenzen sind ein öffentliches Gut, zu vergleichen mit Straßen und Flüssen, deren Nutzung ja auch nicht auf Gewerbetreibende beschränkt werden kann. In idealer Form, d.h. unvermittelt durch Kommunikatoren wird die normative Forderung nach einer Gewährleistung des Leih- und Öffentlichkeitscharakters von Rundfunkfrequenzen durch lokale Bürgerradios eingelöst. Die Frequenznutzung durch nichtkommerzielle lokale Radiovereine muß deshalb kostenlos zur Verfügung stehen.

Wir nehmen nun einen weiteren Anlauf in Rheinland-Pfalz, um unser Anliegen im Landtag vorzubringen. Bei früheren Versuchen hatten wir als einzelner Lokalradioverein gegen die starke Lobby der kommerziellen sowie der öffentlich - rechtlichen Sender keine Chance. Mit der "topografischen Lage" von Rheinland-Pfalz wurde damals wie heute argumentiert; die Priorität läge auf der flächendeckenden Versorgung aller Haushalte mit den Programmen der landesweiten Sendeketten, so daß jede freie Lokalfrequenz diesen zur Stützung zugeordnet werden müsse. Inzwischen gab die"Topographie" aber noch scheinbar "ungeahnte"(?) Frequenzen her, die sogar für eine weitere landesweite, kommerzielle Sendekette "Radio Rockland" ausreichten! Mit neuem Selbstbewußtsein, das wir aus unserem Veranstaltungsradio vom 13.-24.05.99 ziehen konnten, wird sich die Medieninitiative Mainz/Wiesbaden Radio Quer e.V. nun wieder verstärkt auch linksrheinisch zu Wort melden !

Was ist eigentlich ein Veranstaltungsradio?

Bei einem Veranstaltungsradio handelt es sich um ein zeitlich begrenztes Radioprogramm, welches eine oder mehrere Veranstaltungen begleitet. Dazu muß für den entsprechenden Zeitraum eine UKW-Frequenz angemietet werden. Dafür ist die Deutsche Telekom zuständig. Diese Anmietung muß natürlich bezahlt werden. Die Telekom stellt dann eine Standleitung vom Studio zum Sender zur Verfügung. Veranstaltungsradio ist eigentlich als rein kommerzielle Geschichte gedacht, weshalb während des Radioprogramms grundsätzlich Ausstrahlung von Werbung erlaubt ist. Zuständig für die Beantragung (vier bis fünf Monate vorher) ist die für das entsprechende Bundesland zuständige Landesanstalt (in Rheinland Pfalz: Landesanstalt für Private Rundfunkveranstalter, Ludwigshafen). Bei der Antragstellung sollte ein Programmkonzept vorliegen, aus dem klar hervorgeht, daß es sich tatsächlich um ein Begleitprogramm zu einer Veranstaltung handelt. Sollte also ein dreitägiges Jugendfestival on air begleitet werden, müssen Sendungen im Mittelpunkt stehen, die sich zum einen direkt mit dem Festival auseinandersetzen, zum anderen Schwerpunkte zum Thema Jugend bilden (z.B. Jugendarbeitslosigkeit, Jugendkultur usw.). Sinnvoll ist es natürlich immer, direkt vor Ort zu sein (also das Sendestudio mitten im Geschehen aufzubauen) und live von der Veranstaltung zu berichten.

Radioinitiativen nutzen Verantaltungsradios gern, um ihre Sendefähigkeit unter Beweis zu stellen. Veranstaltungsradios können jedoch auch von anderen Gruppen oder Vereinen durchgeführt werden. Nicht zu unterschätzen sind die erheblichen Kosten. Alleine die Sendeleitung kostet je nach Dauer des Radios zwischen 2.500 und 5.000 Euro.